Reizt der Windpark sein Potenzial aus? – Die Post-Construction-Analyse liefert Antworten

Betreiber und Eigentümer von Windenergieanlagen oder Windparks kennen die Fragen am Ende eines Quartals oder am Jahresende: Ist der Energieertrag zufriedenstellend? Was bedeutet der bisherige Ertrag des Windparks für die Zukunft? Entspricht der Ertrag den Vereinbarungen? Die Post-Construction-Analyse schafft hier Abhilfe und liefert wichtige Erkenntnisse.

Für Betreiber von Windparks können diese Erkenntnisse entscheidenden Einfluss auf Nachuntersuchungen oder Verhandlungen mit den Herstellern haben. Eigentümer können sich auf die Ergebnisse beispielsweise bei der Planung des Verkaufs oder der Refinanzierung beziehen. Bei Betreibern größerer Windparks stellt sich zudem die Frage, was man aus der Performance der Parks und des bisherigen Portfolios für zukünftige Projekte ableiten kann. So sorgte eine Pressemitteilung eines Offshore-Energieunternehmens 2019 für großes Aufsehen: In der Planung von Offshore-Windparks solle demnach von etwa zwei Prozent geringeren Einnahmen ausgegangen werden. Interne Datenanalysen hätten ergeben, dass der Windschatten, den sich die Anlagen gegenseitig geben und die großräumige Blockierung der Strömung (Blockage), in bisherigen Planungen signifikant unterschätzt worden sei. Bei einem typischen Windpark mit 400 MW Nennleistung in der deutschen Bucht entspräche dies Mindereinnahmen von jährlich mehr als fünf Mio. Euro. In einer Branche, in der grundsätzlich mit ähnlichen Modellen zur Ertragsprognose gerechnet wird, glich die Meldung einem mittleren Erdbeben. Die Frage, wie glaubwürdig die bisherigen Prognosen waren, und ob eine grundsätzliche Hinterfragung aller Methoden notwendig sei, wird seitdem rege diskutiert.

Das Fraunhofer IWES hatte in den letzten Jahren die Möglichkeit – im Rahmen von Kooperationen in öffentlichen und bilateralen Projekten – einen repräsentativen Datensatz von Offshore-Windparkdaten zu erhalten, um Methoden zur Post-Construction Analyse der Parkperformance zu entwickeln. Die Expert*innen kombinieren für die Untersuchungen Datenanalyse mit CFD (Computational fluid dynamics)-Methoden, um die Ursachen für die Performance eines Parks isoliert betrachten zu können. Als Basis für die Analyse wird der Datensatz aus den numerischen Wettersimulationen des FROENIX genutzt. Der Datensatz liefert bei einer hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung nicht nur die Windbedingungen, sondern auch die thermische Struktur der unteren Atmosphäre, welche einen entscheidenden Einfluss auf die Abschattungseffekte in den Windparks hat.

Aufgabe der Post-Construction-Analyse ist die Quantifizierung der Ertragsverluste des Parks aus den bisherigen Produktionsdaten. Die Kombination mit meteorologischen Daten erlaubt das ermittelte Potential des Parks im bisherigen Betriebszeitraum auf die Gesamtlaufzeit zu projizieren.
Aufgabe der Post-Construction-Analyse ist die Quantifizierung der Ertragsverluste des Parks aus den bisherigen Produktionsdaten. Die Kombination mit meteorologischen Daten erlaubt das ermittelte Potential des Parks im bisherigen Betriebszeitraum auf die Gesamtlaufzeit zu projizieren. © Fraunhofer IWES

Eine grundsätzliche Tendenz der Parkperformance ergibt sich meist bereits aus der Kombination des mit FROENIX gebildeten Windindexes und der Ausfallzeit des Parks. Der Windindex beantwortet dabei die Frage, welcher Ertrag bei den vorherrschenden Windbedingungen zu erwarten gewesen wäre. Mit der Verknüpfung der Methoden des IWES kann allerdings noch eine wesentlich größere Anzahl von Fragen beantwortet werden. Beispielsweise: Wieviel hätte der Park tatsächlich während der Ausfälle der Netzversorgung sowie bei Einschränkungen der Einspeisung (Eisman) erwirtschaften können? Oder: Wie wirken sich benachbarte Parks auf die Ertragserwartung aus und können bisherige Daten dies bereits bestätigen? Aus der Anwendung der Methoden resultiert eine größere Sicherheit über den zukünftig zu erwartenden Ertrag im Vergleich zu früheren Ertragsgutachten. Die Reduktion der Unsicherheiten führt dabei de facto direkt zu einem höheren finanziellen Wert des Parks.

Knifflig wird es, wenn einzelne Windenergieanlagen (WEA) analysiert werden. Am Ende steht auch hier die Frage, ob die WEA noch die Leistung entsprechend ihrer vorgesehenen bzw. vertraglich garantierten Leistungskurve liefert. Falls nicht, kann es dafür verschiedene Ursachen geben: unter anderem eine Erosion oder Vereisung der Blätter, aber auch noch nicht erkannte Schäden innerhalb der Anlage. Eine Leistungskurve gerichtsfest zu überprüfen, ist selbst onshore aufwändig und kostenintensiv. Bei Offshore-WEA ist eine Überprüfung noch weitaus aufwändiger. Zudem wird eine außerplanmäßige Messung vom Betreiber nur in Betracht gezogen, wenn ausreichend Indizien für eine unterdurchschnittliche Performance der Anlagen sprechen.

Eine Weiterentwicklung der Methoden ist abhängig von einem erleichterten Zugriff auf Windparkdaten. Das IWES optimiert das Beratungsangebot für die Windindustrie stetig und treibt die Standardisierung der Verfahren in einem aktuellen Forschungsprojekt weiter voran.

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