Merlin Process Designer

Der Merlin Process Designer, kurz Merlin, ist ein Softwarewerkzeug für den Entwurf, die Planung und die Dokumentation diskreter biotechnologischer Prozesse.

Aktuelles Logo des Merlin Process Designers.

Zusammenfassung

Prozesse werden in Merlin in einer materialflussbasierten Prozessnotation modelliert, die formal auf Berechnungsgraphen (Computation Graphs) aufbauen. Visuell orientiert sich Merlin in der Prozessdarstellung an bekannten Notation wie den Flowcharts und der Business Process Model and Notation (BPMN 2.0). Dagegen unterscheidet Merlin zwischen Beschreibungen von Prozessen und deren Ausführung. Eine weitere Besonderheit ist die textuelle Darstellung parallel zur Visualisierung graphbasierter Prozessmodelle, wobei erstere am Layout technischer und wissenschaftlicher Dokumentationen orientiert ist (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1 Beispielansicht eines Protokolls bestehend
aus dem graphbasierten Modell (links) und textbasierter Beschreibung (rechts).

Videos, die das Gesamtkonzept und den Gesamtablauf demonstrieren, befinden am Ende des Artikels.

Stand der Entwicklungen (Juli 2019)

Im Folgenden sind unsere aktuellen Merlin-Entwicklungen aufgelistet. Technische Entwicklungen streben an, die Robustheit und den Funktionsumfang von Merlin zu erhöhen. Wissenschaftliche Entwicklungen adressieren neue Ansätze, deren erfolgreiche Umsetzung aber unsicher ist.

Technische Entwicklungen

  • Anbindung an Laborbücher: Export von Protokollsammlungen (Prozessbeschreibungen) und geplanten Experimenten (Schedules, Ablaufpläne) als Experimente ins elektronische Laborbuch RSpace
  • Kontinuierliche Erweiterung der Web-API zur Anbindung externer Konverter und Tools,
  • Import und Export von Thermo Fisher Scientific Momentum-Artefakten: Workflows (Import/Export), Experimente (Import), Worklists (Exports), Log-Dateien (Import),
  • Generierung komplexer Reports von Prozessläufen, basierend auf Logdaten, um Prozessereignisse (Gerätefehler, Prozessfehler, Prozessausführung) in Beziehung zu setzen und für regultorische Dokumentation aufzubereiten,
  • Export / Import von BPMN-Modellen von/als Merlin-Prozessbeschreibungen.

Wissenschaftliche Entwicklungen

  • Pipeline zum automatisierten Übersetzen von Protokollen mithilfe von Online-Übersetzungsdiensten wie DeepL.com,
  • Entwicklung weiterer Adapter zur Anbindung elektronischer Laborbücher von Drittherstellern,
  • Pipeline zum automatisierten Import textbasierter Prozessbeschreibungen (Protokolle, Standardverfahrensanweisungen, Methoden, …) in Merlin-Prozessbeschreibungen basierend auf dem Stand der Technik der Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP, KI),
  • Automatisiertes Planen von Prozessbeschreibungen mithilfe von KI-Planungs-Ansätzen.

Bedienschnittstellen

Merlin stellt unterschiedliche Ansichten zur Verfügung, wobei die wichtigsten der Prozessdesigner und der Scheduledesigner sind.

Prozessdesigner (Process Designer)

Der Prozessdesigner kombiniert graphbasierte Modellierungsfunktionen, die von Drittanbieter-Prozessdesigntools wie Microsoft Visio bekannt sind, mit benutzerfreundlichen textbasierten Dokumentationsfunktionen von Textverarbeitungssystemen wie Microsoft Word. Im Gegensatz zu diesen Softwaretools basieren die Prozessbeschreibungen in Merlin auf einer soliden und konsistenten Materialflussnotation, die semantische Darstellungen aller prozessrelevanten Artefakte wie Stoffe, Materialien und Ressourcen nutzt. Merlin bietet mehrsprachige Unterstützung für Prozessbeschreibungen, so dass die Struktur der Workflows erhalten bleibt und sprachspezifische Darstellungen möglich sind.

Abbildung 2 Ansicht des Protokolldesigners.

Semantische Repräsentation: Ontologien

Substanzen, Labormaterialien und Ressourcen werden in Merlin in Ontologien repräsentiert. Ein Beispiel für die Verwendung einer einfachen Ressourcen-Ontologie ist in Video 1 dargestellt.

Video 1 Import einer einfachen Ressourcenontologie
zur späteren Verwendung in Protokollsammlungen.

Versionierung

Merlin speichert Änderungen an Protokollen versioniert in sogenannten Repositorien ab, die entweder lokal vorgehalten oder zentralisiert organisiert sein können.

Mehrsprachigkeit

Der Prozessdesigner unterstützt Mehrsprachigkeit aller Artefakte. Das bedeutet, dass Prozessbeschreibungen in mehreren Sprache entworfen werden können, ohne die zugrundeliegende Struktur zu duplizieren.

Abbildung 3 Darstellung eines Protokolls
in zwei unterschiedlichen Sprachen im Merlin-Protokolldesigner.
Abbildung 4 Darstellung des aus Merlin exportieren Protokolls
als Dokument im ELN RSpace in zwei unterschiedlichen Sprachen.

Import & Export

Importer ermöglichen die einfache Übersetzung von externen Prozessbeschreibungen, z.B. im CSV-Format, in Merlin-Protokolle.

Exporter schaffen Brücken zu etablierten IT-Systemen zur Dokumentation und Ausführung von Prozessen, wie z.B. zu elektronischen Laborbüchern (ELNs) oder Prozessmanagementsystemen (LIMS, PMS, PES).

Video 2 Export von Merlin-Prozessbeschreigung ins ELN RSpace
mithilfe eines Exporters, Teil 1: Merlin-Export.
Video 3 Export von Merlin-Prozessbeschreigung ins ELN RSpace mithilfe eines Exporters, Teil 2: Erzeugen eines RSpace-Experimentes basierend auf Protokollbeschreibungen, die aus Merlin heraus generiert wurden.

Scheduledesigner (Schedule Designer)

Der Schedule Designer ermöglicht es, Experimente zu erstellen, zu planen und vorherzusagen, die aus beliebig vielen Prozessen bestehen, die wiederum als Protokolle definiert wurden. Spezifische Ansichten zeigen Prozesse in Bezug auf ihre Struktur, genutzte Ressourcen oder Laborgeräte. Für das Reporting und die Neuterminierung können die Zeitpläne mit den tatsächlichen Daten der Prozessausführung synchronisiert werden, wobei die Daten aus den Logdateien abgerufen werden.

Abbildung 5 Ausschnitt des Scheduledesigners mit partiellem Ablaufplan eines Prozesses.

Import & Export

Zur Ausführung können die Zeitpläne als sogenannte Arbeitslisten (Worklists) oder technische Prozessbeschreibungen (Workflows, Processes) in technische Prozessmanagementsysteme (PES, LES, MES) exportiert werden. Darüber hinaus können Zeitpläne in Dokumentationssysteme für manuelle und halbautomatische Experimente exportiert werden, die so genannte elektronische Labornotizbücher (ELN) oder Laborinformationsmanagementsysteme (LIMS) oder einfach als Bericht als normale Textdatei (z.B. RTF-Dateien) sind.

Automatisierung

Die Arbeit mit Merlin kann auf mehreren Wegen automatisiert werden:

  • Aufruf von Merlin via Kommandozeile mit Einzelbefehlen oder Skripten aus dem Betriebssystem heraus (Windows Shell) zur Einbindung von Merlin in automatisierte Shell-Skripte
  • Benutzung der einbauten Merlin-Shell
  • Aufruf von Merlin via Web-API zur Anbindung externer Konverter und Tools.

Integration von Dritt-Software

Merlin interagiert mit Software von Drittanbietern über eingebaute Importer/Exporter und externe Web-Dienste. Ein gutes Beispiel ist die Anbindung elektronischer Laborbücher, kurz ELNs. Derzeitig arbeiten wir an der Anbindung des ELNs RSpace und erurieren, wie andere Produkte angebunden werden können.

Web-API

Merlin verfügt über eine Web-API, mithilfe derer externe Konverter und Tools angebunden oder die Software ferngesteuert werden können.

Video 4 Beispiel der Verwendung der Merlin-Web-API zur Abfrage vorhandener Protokollsammlungen und einzelner Protokollelemente.

Videos

Zum Schluss noch zwei Videos, die (a) den letzten öffentlichen Stand von Merlin (Video 1, Medica 2018, November 2018) und das ursprüngliche Konzeptvideo (Video 2, BIO 2016) darstellen.

Video 5 Stand der Implementierung vom Merlin Process Designer,
gezeigt auf der Medica 2018 (Düsseldorf, Deutschland).
Video 6 Konzeptvideo des Merlin Process Designers,
gezeigt auf der BIO 2016 (Philadelphia, USA)