RESPONSIBLE MEAT

Das zweite Szenario befasst sich mit einer der größten gesellschaftlichen Herausforderungen, wenn es darum geht, ökologisch nachhaltige Lebensmittelsysteme zu gestalten. Denn der Hunger nach Fleisch bringt gleich eine ganze Reihe verketteter ökologischer Herausforderungen mit sich.

Es gibt zwar bereits unterschiedliche Lösungsansätze und Produktinnovationen, die langfristig das Potenzial besitzen, den Verzehr von Fleisch zu reduzieren, trotzdem ist der heutige Fleisch-pro-Kopf Konsum in Deutschland deutlich über empfohlenen Werten. Wenn wir über die nahe Zukunft nachdenken, dann ist Fleisch also kaum von unseren Tellern zu denken. Anstatt über Alternativen und radikalen Verzicht, spekuliert dieses Szenario darüber, wie wir Fleisch wieder als seltene Ressource als Teil unserer Esskultur wahrnehmen können.

Was wäre, wenn das „Billigprodukt Fleisch“ aus den Supermärkten verschwindet, aber Fleisch dennoch zugänglich bleibt? Lässt sich Produktion und Vertrieb von Fleisch in Verbraucherkollektiven neu denken? Wie bauen wir wieder eine Beziehung zum Nutztier auf?

DAS SZENARIO

Derzeit wird viel diskutiert über In-vitro-Fleisch oder Fleisch aus dem 3D-Drucker. Doch was wäre, wenn wir unser Verhältnis zu Nutztieren mittels empathischer Technologie verändern würden? Tierische Produkte verschwinden auch in Zukunft nicht völlig von unserem Speiseplan. Doch immer mehr Menschen hinterfragen, was ihr Fleischkonsum für Klima, Tierwohl und Landwirtschaft bedeutet. Skandale in der Fleischindustrie und desaströse Umweltauswirkungen der Massentierzucht führen zu neuen Geschäftsmodellen. Spekulieren wir also über die Wertschätzung der Ressource Tier und ein neues Zeitverständnis in der Fleischproduktion.

Das SB-Produkt Fleisch mit grellen Stickern verschwindet zunehmend. Der Erwerb von Fleisch findet verstärkt über Abo- oder Sharingmodelle, wie „Farmbuddy“ statt. Fleisch wird vorrangig als Tier verstanden, und Tiere sind keine Sache. Je nach Modell können VerbraucherInnen aktiv beeinflussen, wie ihr Tier gefüttert und gehalten wird und welche Produkte entstehen. Empathische Technologien gestalten unsere Kommunikation mit dem Tier.

Wir übernehmen mehr Verantwortung für konsumierte Güter und akzeptieren, dass Gutes Zeit braucht. Das Aufwachsen eines Tieres wird nicht künstlich beschleunigt. Die Haltung hat Einfluss auf den Geschmack. Sommermilch. Wintermilch: Wir lernen wieder, die ganze Vielfalt saisonaler Aromen zu schätzen. Dieser nachhaltige Fleischkonsum stiftet langfristige Beziehungen zwischen Tier, ErzeugerInnen und Verbraucherkollektiv. Seltener, dafür gutes Fleisch essen: Das steigert langfristig nicht nur die Wertschätzung für das Metzgerhandwerk, sondern auch für Land- und TierwirtInnen.

From Nose to Tail: Geschlachtet wird erst, wenn auch die Abnahme von Leber, Herz, Niere oder Magen garantiert ist. Dementsprechend gibt es wieder mehr Fleisch- und Wurstrezepte, die darauf abzielen, das ganze Tier zu genießen. Zweitnutzungstiere stehen hoch im Kurs. Während der gesamten Lebenspanne einer Kuh stehen den VerbraucherInnen Produkte wie Milch, Jogurt, Käse oder essbare Kuhdung-Pellets zur Verfügung. Nach dem Ableben kommen auch Knochen, Leder, Horn oder personalisierte Schmuckelemente hinzu.

Pökeln, Räuchern, Vegetarisierung: Pflanzenbasierte Zutaten erhalten immer mehr Einzug in die Fleischproduktion. Wildblumen, Rote Beete, Pilze oder Erbsen: Alles lässt sich verwursten. Neue Geschmäcker, neue Texturen, neue Farben: Die Wursttheke wird bunter.

Das ist Fleischkonsum next level: Ressourcenschonend, tierwohlorientiert und im Einklang mit den eigenen Werten.

Farmbuddy Businessmodell

Food Fictions Farmbuddy
"Farmbuddy Smart Home Device" | Design: Lynn Harles

FARM BUDDY:

Mittels Biosensoren können wir jederzeit die Gesundheitsdaten „unseres“ Tieres abrufen und das Abo-Modell entsprechend anpassen. Die Gesundheitsdaten werden in den FARMBUDDY überführt, eine Art Tamagotchi, der jederzeit über den Zustand des Tieres informiert und die Empathie mit diesem erhöht. Das technologische Tool ist die „emotionale Schnittstelle“ zwischen Verbraucherkollektiv und Tier.

Eggoclock
"Egg`o`clock" | Design: Lynn Harles

EGG O`CLOCK:

Mittels EGG O`CLOCK lässt sich in Echtzeit nachvollziehen, wann es frische Eier gibt. Klasse statt Masse: Alle 1 bis 2 Tage gibt es einen sehnsüchtig erwarteten Live Alert: Ei gelegt! Ob Eierkuchen, Rührei oder Eierlikör: Alles schmeckt mit richtig guten Eiern auch richtig gut.

HINTERGRÜNDE
ZU SZENARIO UND ARTEFAKT:

Das Szenario wird begleitet durch eine spekulative „Customer Journey“, eine fiktive Darstellung einer Farmbuddy Konfigurator App und dem „Farmbuddy Smart Home Device“. Das Smart Home Device ist nicht als ein fertiger Prototyp oder eine Startup Idee zu verstehen, sondern es hat zum Ziel Ambivalenzen hervorzurufen und zu hinterfragen, für wieviel Kontrolle VerbraucherInnen in der Fleischproduktion bereit sind. Das Artefakt ist angelehnt an ein „Tamagotchi“, also ein elektronisches Haustier und spekuliert darüber, wie Technologien helfen können, einen Bezug zu Nutztieren im urbanen Raum zu schaffen.

Dieses Szenario wurde mit freundlicher Unterstützung von Frau Prof. Dr. Nina Langen (Leiterin des Fachgebiets „Bildung für Nachhaltige Ernährung und Lebensmittelwissenschaft“ an der Technischen Universität Berlin) entwickelt.

https://www.b-nerle.tu-berlin.de/

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