FROM LEAF TO ROOT

VON UND MIT BÄUMEN LEBEN

Das dritte Szenario rückt eine Kulturpflanze in den Vordergrund, die eher selten mit unserer Esskultur in Verbindung gebracht wird, aber in der Bioökonomie nicht wegzudenken ist: der Baum. Während Kulturpflanzen wie Mais oder Tomaten recht gut erforscht sind und sich verhältnismäßig leicht an klimatische Veränderungen anpassen lassen, wissen wir über Bäume noch recht wenig. Als CO2-Recycler und Sauerstofflieferanten sind sie für Mensch und Umwelt kaum ersetzbar – doch in ihnen stecken mehr ungenutzte Potenziale wie beispielsweise sekundäre Pflanzenstoffe mit gesundheitsfördernden Wirkungen, die auch für unsere Ernährung spannend sein dürften. Vor diesem Hintergrund befasst sich das Szenario mit den Nutzungspotenzialen des Baums in unserer Esskultur und spekuliert über neue Formen des kulinarischen Genusses an der Schnittstelle zur Medizin.

Was kann die Bioökonomie vom Superorganismus Baum lernen? Welche unentdeckten Potenziale stecken in unseren Wäldern? Bedeutet Ernährung immer gleich „essen“?

DAS SZENARIO

Bäume mindern Lärm, binden Feinstaub und Kohlenstoff oder spenden Schatten und Abkühlung an heißen Tagen. Doch Bäume nutzen auch elektrische und biochemische Signale zur Weiterleitung von Informationen, beispielsweise zur Abwehr von Raupen, und kommunizieren über flüchtige Moleküle. Wir nehmen Bäume für selbstverständlich und wissen doch so wenig über sie. Tauchen wir also ein in die bislang kaum erforschte Welt der Bäume. Dafür besuchen wir den urbanen Waldgarten: eine Mischung aus Apotheke, Spa und Café, die unser Leben in der Stadt bereichert.

Waldgarten_Zeichenfläche 1

Der urbane Waldgarten besteht größtenteils aus Nutzbäumen und Pflanzen, die in Mischkulturen in unterschiedlichen Höhen angebaut und geerntet werden. Von essbaren Blättern und Früchten über wertvolle Sekundärstoffe bis hin zur Verwertung des Holzes als Biomasse: Alles ist Bestandteil des natürlichen Waldkreislaufs.

Die Erforschung von Bäumen fordert unser Zeitverständnis heraus: Eichen können beispielsweise über 1.000 Jahre alt werden. Wir müssen also lernen, in längeren Zyklen zu denken. Neue Technologien helfen uns, die „Baupläne“ des Baumes zu decodieren und wertvolle Zeit zu gewinnen. Zudem sind sie der Schlüssel zum faszinierenden Universum sekundärer Pflanzenstoffe, die unter anderem stresssenkend, entzündungshemmend oder krebsvorbeugend wirken. Durch das Entschlüsseln ungenutzter Potenziale und das Entdecken neuer Wirkstoffe wird unser kulinarisches Repertoire erweitert: Functional Super Food.

Beim Konsum von neuen Pflanzenwirkstoffen verschmelzen die Grenzen von Medizin und Genuss.

Wir zelebrieren neue Rituale wie Inhalation. Neue gastronomische Erlebnisse erweitern unsere Vorstellung von Ernährung. Ähnlich einer Sauerstoffbar werden Aromen und Pflanzenwirkstoffe jetzt olfaktorisch verköstigt. Unsere Nase schmeckt mehr als die Zunge. Wir nehmen uns Zeit für Genuss und nähren dabei alle Sinne. Digestiv war gestern: Zunehmend geht es darum, auf einer anderen Ebene satt zu werden.

Forest Bar, Forest Pharmacay oder das Medikament wächst um die Ecke: In der Weidenrinde steckt beispielsweise Salicylsäure, die ein Ausgangsstoff für Aspirin ist. Wertvolle pflanzliche Wirkstoffe lassen sich mittels „Wald im Glas“ Diffusor unterwegs oder zuhause genießen. Waldgarten statt Saunagarten: Bei mehr Zeit genießen wir die Heilkraft der Bäume in ihrer natürlichen Umgebung.

Der urbane Waldgarten wird für generationsübergreifende Umweltbildung genutzt. Eine breite Öffentlichkeit erlebt hier die erstaunlichen Fähigkeiten von Bäumen und ihre Bedeutung für Stadtgesundheit, Naherholung und Gemeinschaft.

Wald im Glas

Wald im Glas

Wald im Glas

Wald im Glas

Pads - Präparierte sekundäre Pflanzenstoffe

Pads – Präparierte sekundäre Pflanzenstoffe

WALD IM GLAS

Wald im Glas - Bedienungsanleitung

HINTERGRÜNDE
ZU SZENARIO UND ARTEFAKT:

Die Erzählung des Szenarios wird durch mehrere spekulative Objekte begleitet: ein „Sekundärstoffpräparator“ mit Diffusor und Atemmaske (Forest Bar), sowie fiktive Präparate werden gezeigt. Die Formsprache der Elemente ist zum Teil bewusst an unsere Kaffeekultur und damit verbundene Rituale angelehnt. Sie ist ein Gegenentwurf zu Fastfood Bewegungen und veranschaulicht den Prozess der fiktiven Zubereitung von sekundären Pflanzenstoffen für die Inhalation. Genuss braucht Zeit. Der Präparator ist kein funktionaler Prototyp im klassischen Sinne, sondern er ist Teil der Erzählung und lädt dazu ein, über zukünftige Esskulturen und Genussformen zu spekulieren. Die Atemmaske, als Symbolbild der aktuellen globalen (Corona)-Situation und gesellschaftlicher Resilienz, wird hier bewusst als „Tool“ gewählt. Was ist, wenn die Hygiene-Maßnahmen uns langfristig im Alltag begleiten? Werden sie Bestandsteil der Alltagskultur?

Die gezeigten Sekundärstoffpräparate sind zum Teil real, wie die Weidenrinde mit der Salizylsäure und zum Teil fiktiv, wie die restlichen gezeigten Stoffe. Die fiktiven Stoffe stehen symbolisch für das unerforschte Potenzial der Bäume und rücken den „Hidden Champ“ der Bioökonönomie in den Fokus.

Dieses Szenario wurde mit freundlicher Unterstützung von Dr. Tobias Brügmann (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Thünen Institut – Bundesforschungsinstitut für ländliche Räume, Wald und Fischerei) entwickelt. Dr. Brügmann ist zur Zeit tätig in den BMBF-geförderten Projekten „aProPop“  und „Erforscht Crispr“.

www.thünen.de

IST INHALATION DAS NEUE GASTRO-ERLEBNIS?
WIE GEHEN WIR VERANTWORTUNGSVOLL MIT DER RESSOURCE „BAUM“ UM?

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