Frequenzumrichter-Zuverlässigkeit: Feldmessungen beleuchten klimatische Belastung

Autorinnen: Karoline Pelka und Dr.-Ing. Katharina Fischer

Frequenzumrichter zählen zu den am häufigsten ausfallenden Komponenten von Windenergieanlagen. Die Ursachen hierfür waren lange unbekannt. Saisonale Häufungen von Ausfällen deuten auf Umwelteinflüsse hin und rücken die klimatischen Bedingungen in den Fokus, denen die Leistungselektronik im Feld ausgesetzt ist.

Pro Jahr tritt durchschnittlich auf jeder zweiten Windenergieanlage (WEA) ein reparaturbedürftiger Schaden an der Umrichterschaltanlage auf. Diese häufigen Ausfälle ziehen erhebliche Reparaturkosten und – gerade offshore – merkliche Ertragsausfälle nach sich. Doch zuverlässigere Umrichter lassen sich nur entwickeln, wenn die vorherrschenden Ausfallursachen und -mechanismen geklärt sind. Lange Zeit wurde davon ausgegangen, dass durch Leistungs- und Temperaturzyklen verursachte Ermüdungseffekte in der Leistungselektronik das Hauptproblem darstellen. Felddatenanalysen einer weltweiten WEA-Flotte am Fraunhofer IWES haben jedoch klar gezeigt, dass diese aus anderen Anwendungen bekannten Schädigungsmechanismen in WEA keine relevante Rolle spielen (Bartschat et al. (2017), Fischer et al. (2018)). Stattdessen weisen ausgeprägte saisonale Ausfallmuster auf klimatische Umwelteinflüsse, insbesondere auf Feuchtigkeit, als kritischen Stressfaktor hin (Fischer et al. (2019)). Doch was für Feuchte- und Temperaturverhältnissen sind die WEA-Umrichter im Anlageninneren eigentlich ausgesetzt?

Diese Frage beleuchtet ausführlich unser kürzlich im Open-Acces-Journal energies erschienener Artikel „Humidity in Power Converters of Wind Turbines – Field Conditions and Their Relation with Failures“ (Fischer et al. (2021)). Er fasst die Ergebnisse von Feldmesskampagnen in 31 Windenergieanlagen sieben verschiedener Hersteller auf drei Kontinenten zusammen. Die Vielfalt der vermessenen Anlagen ist groß: Es befinden sich darunter sowohl Onshore- als auch Offshore-Anlagen, solche mit Umrichtern in der Gondel oder im Turmfuß sowie WEA mit luft- und wassergekühlten Umrichtern.

Abbildung: Standorte dervermessenen WEA in Nordamerika, Europa und Asien; Beispielzeitreihen zur saisonalen Variation von Temperatur und Feuchtigkeit im Umrichterschaltschrank und in der Umgebung einer WEA in Indien.
Abbildung 1: Standorte der vermessenen Windenergieanlagen in Nordamerika, Europa und Asien; Beispielzeitreihen zur saisonalen Variation von Temperatur und Feuchtigkeit im Umrichterschaltschrank und in der Umgebung einer WEA in Indien.

Die Ergebnisse zeigen, dass die klimatischen Bedingungen nicht nur in der WEA-Umgebung, sondern auch innerhalb der Umrichterschaltschränke starken jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen (siehe Abbildung 1). Bemerkenswert ist, dass sich die im WEA- bzw. die direkt im Schaltschrank gemessene absolute Luftfeuchtigkeit von der in der WEA-Umgebung kaum unterscheidet – nicht einmal in klimatisierten Offshore-WEA, in denen getrennte Innen- und Außenluftströme designseitig das Eindringen von Seeluft unterbinden sollen.

Angesichts der Wärmeabgabe der Leistungselektronik nicht überraschend ist das gegenüber der WEA-Umgebungsluft im Mittel 5 – 30 Kelvin (K) höhere Temperaturniveau im Umrichterschaltschrank. Infolgedessen bleibt die relative Luftfeuchtigkeit im Schaltschrank deutlich – im Jahresmittel typischerweise mindestens 20% – unter der der WEA-Umgebungsluft. Dennoch deuten die in unserem Paper dargestellten weiterführenden Analysen und Ergebnisse darauf hin, dass gerade die relative Feuchte im Schaltschrank eine zentrale Rolle für die Ausfallentstehung spielt. Und legen nahe, dass bereits relativ niedrige Werte der relativen Feuchte zuverlässigkeitswirksam sind.

Abbildung: Häufigkeitsverteilungen von Temperatur und relativer Feuchtigkeit im Umrichterschaltschrank drei verschiedener WEA (hier basierend auf dem gesamten angegebenen Messzeitraum, d.h. ohne Aufschlüsselung nach Jahreszeiten): einer Onshore-Anlage im deutschen Binnenland mit luftgekühltem Umrichter im Turmfuß (WT1), einer Offshore-Anlage in der deutschen Nordsee mit flüssiggekühltem Umrichter in der Gondel (WT2) sowie einer Onshore-Anlage in Indien mit flüssiggekühltem Umrichter im Turmfuß
Abbildung 2: Häufigkeitsverteilungen von Temperatur und relativer Feuchtigkeit im Umrichterschaltschrank drei verschiedener WEA (hier basierend auf dem gesamten angegebenen Messzeitraum, d.h. ohne Aufschlüsselung nach Jahreszeiten): einer Onshore-Anlage im deutschen Binnenland mit luftgekühltem Umrichter im Turmfuß (WT1), einer Offshore-Anlage in der deutschen Nordsee mit flüssiggekühltem Umrichter in der Gondel (WT2) sowie einer Onshore-Anlage in Indien mit flüssiggekühltem Umrichter im Turmfuß (Quelle: Fischer et al. (2021)).

Insgesamt machen die Mess- und Auswertungsergebnisse deutlich, wie stark sich die klimatischen Belastungen der WEA-Umrichter im Feld unterscheiden (siehe z.B. Abbildung 2) – abhängig vom Standort mit seinen klimatischen Umgebungsbedingungen, von Design und Betrieb der WEA, aber auch vom Kühlprinzip der Umrichter.

Die Feldvermessung der Temperatur- und Feuchteverhältnisse in WEA-Umrichtern auf drei verschiedenen Kontinenten hat sich in mehrfacher Hinsicht als wertvoll erwiesen: Sie hat erstmalig die Charakterisierung der klimatischen Umrichterbelastung erlaubt und aufgezeigt, wovon diese wesentlich beeinflusst werden. Sie hat wichtige neue Erkenntnisse für die Ursachenklärung der häufigen Umrichterausfälle geliefert. Und sie bildet die Grundlage zur Ableitung verbesserter Testverfahren für die Zuverlässigkeitsqualifizierung von Umrichtersystemen und -komponenten für WEA. Die neuen Erkenntnisse zur klimatischen Umrichterbelastung werden im nächsten Schritt in eine Prüfumgebung überführt. Für die multimodale Prüfung von Umrichtersystemen wird aktuell ein Labor in Bremen aufgebaut: Im HIPE-Lab sollen dann klimatische und elektrische Belastungen (bis zu 10 MW) überlagert werden. Reale Belastungszyklen, abgeleitet aus Feldmessungen, werden dort nachgebildet, um Prototypen und bestehende Umrichtersysteme unter anwendungstypischen Bedingungen testen und vermessen zu können.

Mehr Informationen:

Zuverlässigkeit technischer Systeme (fraunhofer.de)

Quellen:

Bartschat et al. (2018): Bartschat, A.; Broer, C.; Coronado, D.; Fischer, K.; Kucka, J.; Mertens, A.; Meyer, R.; Moriße, M.; Pelka, K.; Tegtmeier, B.; Weber, S.; Wenske, J., „Zuverlässige Leistungselektronik für Windenergieanlagen“, Abschlussbericht zum Fraunhofer-Innovationscluster Leistungselektronik für regenerative Energieversorgung, Fraunhofer-Verlag 2018, ISBN: 978-3-8396-1326-9.

Fischer et al. (2018): Fischer, K.; Pelka, K.; Bartschat, A.; Tegtmeier, B.; Coronado, D.; Broer, C.; Wenske, J., „Reliability of Power Converters in Wind Turbines: Exploratory Analysis of Failure and Operating Data From a Worldwide Turbine Fleet“, IEEE Transactions on Power Electronics, vol. 34, no. 7, pp. 6332-6344, July 2019, DOI 10.1109/TPEL.2018.2875005.

Fischer et al. (2019): Fischer, K.; Pelka, K.; Puls, S.; Poech, M.-H.; Mertens, A.; Bartschat, A.; Tegtmeier, B.; Broer, C.; Wenske, J., “Exploring the Causes of Power-Converter Failure in Wind Turbines based on Comprehensive Field-Data and Damage Analysis”, Energies 2019, 12, 593, DOI 10.3390/en12040593. Fischer et al. (2021): Fischer, K.; Steffes, M.; Pelka, K.; Tegtmeier, B.; Dörenkämper, M., “Humidity in Power Converters of Wind Turbines—Field Conditions and Their Relation with Failures”, Energies 2021, 14, 1919, DOI 10.3390/en14071919

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert